Das Wort Paradoxien ist ein altgriechischer Begriff für „wider Erwarten, wider die gewöhnliche Meinung, unerwartet, unglaublich“ (Wilhelm Pape, Max Sengebusch: Handbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, Braunschweig 1914.) Es wird auch für für einen Widerspruch genutzt.
Von dem Griechen Zenon von Elea stammt das Paradoxon, dass ein Pfeil die Zielscheibe nicht erreichen kann, wenn man davon ausgeht, dass die Strecke zwischen dem Schützen und der Zielscheibe halbiert wird. Dann die halbe Strecke wieder halbiert wird, so dass der Pfeil dann ein viertel der Strecke vom Ziel entfernt ist usw. Das Widerspricht aber unserer Erfahrung.
Als System Empowerer haben wir es auch immer wieder mit Paradoxien zu tun und unser Ziel ist es, nicht an diese Paradoxien festzuhalten sondern sie zu eliminieren bzw. die Vorannahmen dahinter aufzudecken, damit sich die Paradoxien auflösen.
Perfekt sein ist in dem Sinne eine Paradoxie, weil es nicht erreichbar ist. Es lässt sich normalerweise noch besser / „perfekter“ machen. Um diese Paradoxie aufzulösen, gehen wir an die Ursache. Wieso kommt ein Mensch zu der Aussage „Ich muss perfekt sein“? In vielen Coachings ist die Ursache, dass es eine darunter liegende Angst gibt, nicht versagen zu dürfen. Und jedesmal, wenn es nur gut aber nicht perfekt ist, kommt diese Angst hoch.
In dem Buch „Die beiden Seiten der Unternehmerfamilie. Familienstrategie über Generationen“
von Arist von Schlippe, Thorsten Groth und Tom A. Rüsen, Göttingen 2017 stellen die Autoren die Paradoxie auf, dass Unternehmen und Familie nicht zusammen passen. Daraus leiten sie den Vorrang des Unternehmens über die der Familie ab. Diese postulierte Paradoxie führt unweigerlich zu Systemgesetzverletzungen wie Ausschluss, zu wenig Wertschätzung oder auch das Gefühl von Ungerechtigkeit.
Wie lässt sich diese Paradoxie eliminieren? Hier werden die Systemgesetze und die Systemgesetzebene gebraucht. Werden die Systemgesetze in der Familie und im Familienunternehmen gelebt, so löst sich die Paradoxie auf, denn beides passt zusammen und es gibt auch keinen Vorrang.
Das Tetra-Lemma betrachtet vier Positionen. Bezogen auf einen Streit mit zwei Parteien sind es folgende Positionen:
Position 1: Der eine hat recht.
Position 2: Der andere hat recht.
Position 3: Beide haben recht.
Und Position 4: Keiner von beiden hat recht.
Der Erweiterung betrachtet noch eine fünfte Position: Und selbst das Ganze (die vier Positionen) nicht. Das führt dazu, diese Ebene zu verlassen und beispielsweise die gemeinsame Vorannahme hinter dem Konflikt zu finden.
Beispiel: Zwei Menschen streiten darüber, wie ein krebskranker Mensch damit umgehen soll: Position 1 lautet: Der Mensch soll noch so richtig das Leben genießen, reisen, …
Position 2: Der Mensch soll in sich gehen, Themen klären, …
Wir könnten nun Position 3 und 4 betrachten, jedoch ist die fünfte Position viel spannender: Was ist die gemeinsame Vorannahme hinter dem Streit? Dass Krebs unweigerlich zum nahen Tod führt. Erwiesenermaßen ist das nicht so, denn viele Menschen, die mal Krebs hatten, wurden wieder gesund.
Also geht es darum zu schauen, welche Vorannahmen und Überzeugungen stecken hinter einer Paradoxie oder einem Konflikt (Widerspruch)
Ein double-bind beschreibt einen Zustand, wo die Person nur verlieren kann. Das Beispiel von Watzlawik: Die Frau sagt zum Mann: „Zeig mir mal, dass du mich liebst und bring mir einen Blumenstrauß mit.“ Diese Aussage führt zu einem double-bind, denn wenn der Mann ihr einen Blumenstrauß mitbringt, sagt sie: „Das machst du nur, weil ich es dir gesagt habe, du liebst mich nicht wirklich“. Wenn der Mann sich dieses vorher denkt und ihr deshalb keinen Blumenstrauß mitbringt, dann sagt sie „Du liebst mich nicht, denn obwohl ich es dir gesagt habe, bringst du mir keinen Blumenstrauß mit.“
Damit so ein double-bind bzw. Paradoxie nicht auftritt, fragen wir in unserer Arbeit beim Auflösen von Systemgesetzverletzungen nie die verletzte Person, was sie von der anderen Person braucht sondern immer die verursachende Person, was sie anders machen kann. Auch sollte die verletzte Person nicht von sich aus sagen, was sie braucht bzw. was die andere Person tun soll.
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Oft wollen wir stimmige Entscheidungen treffen zwischen A und B. Beispielsweise selbständig werden oder angestellt bleiben oder beim jetzigen Arbeitgeber bleiben oder eine neue Stelle annehmen oder kaufe ich das paar Schuhe oder das andere Paar. In allen Fällen ist das eine vom anderen getrennt oder geschieden. Wenn eine Entscheidung gefällt wird, wird inhaltlich gesagt, dass dadurch die Scheidung zwischen A und B aufgehoben wird, gefühlsmäßig bleibt diese Scheidung bestehen. Solche Aussagen wie „Hätte ich mich doch für das Andere entschieden, dann wäre es wohl besser gewesen“ oder „Wer weiß, wie es mit der anderen Entscheidungen gelaufen wäre“ deuten darauf hin, dass es eine unstimmige Entscheidung war.
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